Trends im Gesundheitswesen: Qualitätssicherung im Healthcare Markt

Softwarefehler in der Medizin, vor allem in der Diagnostik und Therapie, können fatale Folgen haben. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist das bereits Anfang der 80er Jahre entwickelte Therac-25 Bestrahlungsgerät, dessen Einsatz in Folge mangelnder Qualitätssicherung in der Programmierung Menschenleben kostete. Seither wurden EU-weit strenge Regularien festgesetzt, um die Gesundheit der Patienten und ihrer Daten sicherzustellen. Für die Entwicklung und den Betrieb von Software als Medizinprodukt gelten die Medical Device Regularien (MDR), die explizit ein Qualitätsmanagementsystem unter Einhaltung der ISO 13485 Norm fordert. Was das für die Softwareentwicklung bedeutet, erklärt Thomas Kitlitschko, CEO der Digitalagentur Neofonie, die seit kurzem ISO zertifiziert ist.

Welche Herausforderungen sehen Sie derzeit im Gesundheitswesen?

Sowohl Unternehmen als auch vor allem jeder einzelne Mensch ist von den Herausforderungen des Gesundheitsmarktes und der medizinischen Versorgung direkt oder indirekt betroffen. Kostendruck, Personalmangel und administrative Missstände, sowohl im allgemeinen Gesundheitswesen als auch in der Pflege, erfordern ein Umdenken. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet hier Chancen u.a. durch die Einbindung digitaler Möglichkeiten und Assistenten. Auch die Künstliche Intelligenz, bzw. Bots werden hier künftig einen maßgeblichen Anteil beitragen. Das erfordert aber auch strengere Regularien und Vorgaben. Davon können alle Marktteilnehmer, wie Ärzte, Krankenhäuser, Pflegedienste/Einrichtungen, Apotheken, Medizinproduktehersteller, Krankenkassen aber auch Dienstleister und Lieferanten der Branche profitieren.

Auf welchen Erfahrungshorizont kann die Neofonie im Bereich E-Health zurückgreifen?

Als eigenständige Agentur seit 25 Jahren am Markt konzeptionieren und entwickeln wir seit mehr als 10 Jahren digitale Lösungen auch für den Gesundheitsbereich. Dies gilt sowohl für tausende von stationären Apotheken, aber auch für einzelne große Versand-/Onlineapotheken. Hinzu kommen Applikationen für Nutzer/Kunden im B2C-Umfeld sowie Lernplattformen zur Weiterbildung im medizinischen Kontext. Neben Kundenprojekten sind wir parallel auch schon immer in Forschungsprojekten, auch in der Medizin, involviert.

Welchen Einfluss hat die Forschungsarbeit für die Digitalisierung im Gesundheitswesen?

Ohne einen gewissen Grad an Grundlagenforschung lassen sich Ansätze und digitale Projekte in der Realität gar nicht sinnvoll realisieren. Deshalb starten wir aktuell mit namhaften Partnern, u.a. mit der Charité, gerade ein neues Forschungsprojekt, das sich mit den Möglichkeiten digitaler Unterstützung und digitaler Tools in der Pflege beschäftigt. Konkret geht es dabei um die Verbesserung des Arbeitsumfeldes und des Zeitmanagements des Pflegepersonals unter Einbindung digitaler Möglichkeiten, Technologien und auch von KI.

Was war die Motivation für die Zertifizierung des QM-Systems?

Die notwendige Sensibilität und der verantwortungsvolle Umgang mit Patienten und Gesundheitsdaten wird in hierfür notwendigen gesetzlichen Vorgaben und Normen berücksichtigt, die hohe Anforderungen an Prozesse und Qualität hinsichtlich der Softwareentwicklung für die Medizin stellen. Aus diesem Grund haben wir jetzt unser Qualitätsmanagement nach der EN ISO 13485 durch den TÜV Hessen zertifizieren lassen.

Mit unser langjährigen und nachweislichen Expertise in nutzerorientierter und kundenspezifischer Konzeption und Entwicklung von Software branchenübergreifend aber vor allem auch im medizinischen Kontext bringen wir die erforderlichen Grundvoraussetzungen und das notwendige Verständnis für die Unterstützung, Zusammenarbeit und Partnerschaften mit Medtech-Unternehmen mit. 

Somit haben wir als eine der wenigen Agenturen in Deutschland die wesentlichen Voraussetzungen geschaffen, für unsere Kunden und die, die es werden wollen, Software für die Medizin im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu entwickeln. Hiermit und mit unserer Historie in dem Umfeld hoffen wir, einen gewissen Teil zur notwendigen Digitalisierung beitragen zu können.

Welche Anforderungen müssen für die Zertifizierung erfüllt werden?

Gemeinsam mit Partnern haben wir anhand eines Prototyps unsere Qualitätsmanagement-Prozesse den Vorgaben der ISO Norm angepasst. 

Dabei müssen Prozesse entwickelt werden, um sowohl Risiken systematisch identifizieren zu können. Zudem sind innerhalb der gesamten Produktentwicklung die Prozesse zu verifizieren, zu validieren und zu dokumentieren. Zugleich muss sichergestellt werden, dass jeder Beteiligte über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Im Rahmen der ISO-Zertifizierung haben wir deshalb ein Rollenkonzept definiert und die Schulung und Kompetenz für jeden Verantwortlichen festgelegt.

Welchen Invest haben Sie in die Zertifizierung des Qualitätsmanagement gesteckt?

Als 2020 die neuen MDR herauskamen und klar wurde, dass Software als Medizinprodukt der Klasse II entsprechend gewisse Anforderungen erfüllen muss, haben wir uns eingehender mit den Regularien auseinandergesetzt und unser Team nach und nach verstärkt. Seit März 2022 flossen dann 2.800 Arbeitsstunden oder anders betrachtet ca. 20 Personenmonate bis zur Zertifizierung durch den TÜV Hessen in das Thema.

 

Erfahren Sie mehr zu den Leistungen der Neofonie Gruppe im E-Health Umfeld.

 

Veröffentlichung am 23.05.2023
Bildquelle: Neofonie